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Lockheed F-104G Starfighter Zell

senkrecht startendes Kampfflugzeug mittels Boosterrakete

Ein ungewöhnliches Verfahren des Startens sollte mit diesem F-104 Starfighter realisiert werden. Es war der Versuch, die Lockheed F-104 G auch nach Zerstörung der Startbahn noch einsetzen zu können. Ein Starfighter wurde mit einer zusätzlich angebrachten Boosterakete von einer Abschlussrampe aus – quasi wie eine Rakete – in die Luft geschossen.

 

Das Zero Lenght Launch-Verfahren (auf deutsch etwa: „Null-Strecken-Startverfahren“) sollte es also ermöglichen, ein Flugzeug aus dem Stand und ohne Startbahn zu starten. Zwei F-104G „Starfighter“ der Luftwaffe wurden so verändert, dass sie von einer Rampe mit Hilfe eines zusätzlichen Raketenantriebs abheben konnten. Die nötigen Tests wurden zuerst ab 1963 in Kalifornien / USA unter Leitung der Firma Lockheed und später in Lechfeld in Deutschland durchgeführt. Das ZELL-System bewährte sich, wurde aber nicht in der Luftwaffe eingeführt. Die Kosten von 115.000,- DM pro Start waren zu hoch und außerdem hatte sich die Strategie der NATO mittlerweile verändert.

 

Das hier ausgestellte Flugzeug mit der Kennung DB-127 (W. Nr. 9015) war einer der beiden deutschen Versuchsträger, der ab Mai 1966 erstmals von deutschem Boden aus startete, – zuerst mit amerikanischer Besatzung, später auch mit deutschen Piloten. Unter ihm hängt ein ZELL-Triebwerk und die Hülle einer B43 Atombombe.

Ungewöhnliche Ideen: Um die Abhängigkeit von Start- und Landebahnen zu verringern, kamen schon im Jahre 1959 zwei Entwicklungsvorhaben zustande.

 

Das Entwicklungsvorhaben ZELL (= Zero Lenght Launch), eine Zusammenarbeit mit Lockheed, gab der F-104G sog. Nullstartfähigkeit, das heißt Start aus dem Stand heraus. Von 1963 an entwickelte Lockheed dieses System zur Serienreife. Es erfolgten mehrere bemannte Starts, zuerst in den USA, ab 1966 dann in Lechfeld. In die Startvorrichtung wurde eine F-104 in einem Winkel von etwa 20 Grad eingehängt. Unter der Maschine befand sich ein abwerfbarer Raketentreibsatz. Beim Start lief die Turbinen mit voller Leistung im Lockheed F-104 G Zell – Starfighter Nachbrennerbetrieb, erst dann zündete das Zusatztriebwerk mit seinen 28.000 p Schub. Diese geballte Kraft war für einen raketenähnlichen Start mehr als ausreichend. Innerhalb von nur knapp 8 Sekunden beschleunigte die F-104G auf ca.500 Km/h. Nach dem Start warf der Pilot das Zusatztriebwerk ab und setzte den Flug normal fort.

 

Lockheed-Testpilot Ed Brown flog in Lechfeld fünf erfolgreichen Starts, der deutsche Testpilot Horst Philipp zwei, wobei seine Maschine bereits mit dem neuen Martin-Baker GQ7-Schleudersitz ausgerüstet war. Der C-2-Sitz war als Rettungssystem, besonders bei Start und Landung, nach wie vor mangelhaft. Das Programm beschleunigte die Umrüstung aller F-104G auf den Martin-Baker-Schleudersitz.

 

SATS (= Short Airfield for Tactical Support), in Zusammenarbeit mit dem US Marine Corps, war ein Erprobungsprogramm für Start und Landung auf kurzen Bahnen mit Hilfe von Katapulten und Fanghaken, ähnlich wie auf Flugzeugträgern.1964/65 modifizierte man drei deutsche F-104G entsprechend, u.a. erfolgte eine Verstärkung des Fahrwerks und der Einbau von zwei Katapulthaken. Die Erprobung fand in den USA statt. Insgesamt absolvierte man einige 100 Starts und Landungen mit Erfolg. Indirekt führte dies später zur Einführung von Fanganlagen auf bundesdeutschen Jet-Flugplätzen.

 

Sowohl SATS als auch ZELL fielen der geänderten Nato-Strategie zum Opfer und wurden eingestellt.

Weitere kuriose Projekte und Technologieträger auf Basis des F-104 Starfighters:

 

Für die Lockheed F-104G führte man in der Bundesrepublik ab 1960 diverse, zum Teil damals schon „gewagte“ Studien zur Weiterentwicklung durch. Zur Realisierung gelangte jedoch keine.

 

Möglichkeiten einer senkrechtstartfähigen F-104G mit zusätzlichen Hubtriebwerken im Rumpf oder in Tragflächengondeln oder Lösungen für eine kurzstartfähige F-104G mit schwenkbaren Hubtriebwerken standen ab 1960 zur Überlegung an.

 

Ab 1963 wurden Möglichkeiten mit Verlängerung und vergrößerte Tiptanks untersucht, um die Reichweite zu steigern. Wesentlich unorthodoxer war das geplante Mitführen von Zusatztanks im Deichselschlepp oder deren Aufnahme im Flug direkt am Boden. Am ungewöhnlichsten aber war der Vorschlag einer doppelrümpfigen F-104G als Begleitjäger für Langstreckenpatrouillen über See.

 

Ab 1964 untersuchte man eine Reihe von Umbauvorschlägen für doppelsitzige F-104G und ab 1965 dann einen Höhenaufklären mit Staustrahl- oder Raketenantrieb.

 

Lockheed selbst durchdachte eine Vielzahl von Projektvarianten. Endpunkt war die Entwicklung eines völlig neuen „europäischen“ Jagdflugzeuges, CL-1200 „Lancer“ genannt, von dem zwei Exemplare gebaut wurden. Es besaß die Grundstruktur der F-104G, war aber als Schulterdecker mit konventionellem Leitwerk ausgelegt. Sein Pratt & Whitney Torbofan erreichte rund 60% mehr Maximalschub als das J 79-Triebwerk. Gegenüber der F-104G war die Nutzlast mehr als verdoppelt und die Startstrecke halbiert worden. Dennoch fand das Modell keine Kunden.

 

<<< Selbst F-104 Starfighter mit Doppelrumpf wurden konstruiert, aber nie gebaut.

 

Mit der NF-104A an der Grenze zum Weltraum:  Das damals allerorten ausgebrochener „Weltraumfieber“ machte auch vor dem „Starfighter“ nicht Halt. Er erschien als der ideale Astronauten Trainer.

 

Im Jahre 1963 wurden daher eingemottete F-104A zu „Aerospace-Trainern“ umgebaut. Bei diesen nun als NF-104A bezeichneten Maschinen entfernt man die gesamte militärische Ausrüstung, rüstete auf die größere Seitenflosse der D-Version um, vergrößerte die Spannweite und verlängerte das Radom. Außerdem brachte man eine Reihe von mit Wasserstoffperoxyd betriebenen Strahltriebwerken an Nase, Leitwerk und Flächenenden sowie einen Rocketdyne AR-2 Flüssigkeitsraketenantrieb mit 2.722 kp Schub im Seitenleitwerk oberhalb des normalen Triebwerks an (siehe Abbildung). Als Treibstoff diente eine Mischung aus Wasserstoffperoxyd und Kerosin.

 

Nachdem die NF-104 auf 18.000 m gestiegen war, zündete der Pilot das Raketentriebwerk. Es lieferte zwar nur für 10 Sekunden Schub, dies genügte aber, um die Maschine auf rund 25.000 m zu katapultieren. Danach wurde das J79-Triebwerk abgestellt und die Maschine flog ballistisch bis auf rund 36.000 m Höhe weiter. Der Pilot konnte dabei für kurze Zeit Aufgaben in annähender Schwerelosigkeit verrichten.

 

Zum Einsatz kamen dieser Maschinen bei der „ Aerospace Resurch Pilot School“ in Edwards AFB, die zu diesem Zeitpunkt unter dem Kommando des damals schon legendären Charles „Chuck“ Yeage stand, der 1947 als erster die Schallmauer im Horizontalflug durchbrochen hatte.

 

Am 6. Dezember 1963 bescherte die NF-104A den USA einen inoffiziellen Höhlenweltrekord von 36.229 m. Der Rekordstand in dieser Zeit bei 34.695 m, gehalten von einer MiG Ye-66A, einer Experimentalausführung der MiG-21. Kurz darauf stieg Major R.W. Smith mit der gleichen NF104A sogar auf 36. 901 Meter.

 

Am 10. Dezember 1963 verlor „Chuck“ Yeager in einer zweiten NF-104A in einer Höhe von 31.800 m die Kontrolle über die Maschine, als sie sich bei einem Anstellwinkel von 28 Grad aufgeräumte. Die Steuertriebwerke zeigten keine Wirkung und das Flugzeug ging in ein Flachtudeln über. Nach 13 Umdrehungen, nun schon in gerade noch knapp 3.400 m Höhe, betätigte der Pilot den Schleudersitz, nach der 14. Umdrehung schlug die Maschine auf dem Boden auf und explodierte.

 

Zwischen 1976 und 1984 unternahm man mit einer umgebauten F-104G bei der damaligen Firma MBB im Regierungsauftrag ausgiebige Versuche zur Erprobung der CCV-Technologie (Control Configured Vehicle). Neben dem Einbau eines Fly-by-Wire-Steuerungssystems war die augenscheinlichste Veränderung die Anbringung von diversen abwerfbarer Gewichten sowie eines zweiten Höhenleitwerkes hinter dem Cockpit. Aus einem aerodynamisch stabilen Flugzeug wurde so ein aerodynamisch instabiles Flugzeug gemacht, das nur mit Computerhilfe geflogen werden konnte. Das Programm war sehr erfolgreich und lieferte eine Fülle von Daten für die Entwicklung von neuen Flugzeugsteuerungssystemen im militärischen und zivilen Bereich.

HerstellerLockheed Aircraft Corporation
Besatzung1 Pilot
Typ:Jagdbomber
Länge16,70 m
Spannweite6,70 m
Höheca. 4,10 m je nach Beladung
Flügelfläche18,22 m²
Flügelstreckung2.22
Leergewicht6.387 kg
Maximales Startgewicht11.720 kg
Höchstgeschwindigkeit2.100 km/h in 12.200 m Höhe
Steiggeschwindigkeit208 m/s
Dienstgipfelhöhe:15.240 m
Einsatzradius:ca. 1.000 km
Überführungsreichweite:ca. 2.600 km m. Zusatztanks
Triebwerk:1 x General Electric J79-GE-11A-Strahltriebwerk
Schubkraftohne Nachbrenner: 47,50 kN
.mit Nachbrenner: 70,9 kN
Stückpreis:1,42 Millionen US-Dollar (1961: 6 Millionen DM)
Bewaffnung:1 x 20-mm-Gatlinggeschütz
.      M61A1 Vulcan mit 725 Schuss
.4 AIM-9 Sidewinder-Raketen
.5 Außenlastenträger mit 1.820 kg
..

Erfahrungsbericht von Horst Philipp, dem einzigen deutschen ZELL-Piloten
(Quelle: Förderverein Luftwaffenmuseum Gatow / LwM)

 

Lockheed F-104G Starfighter ZELL: Start aus dem Stand


In den 1960er Jahren plante die Luftwaffe im Ernstfall den Einsatz von mit Nuklearwaffen bestückten Starfightern unabhängig von verwundbaren Flugplätzen. Mit Hilfe einer Startrakete sollten die Jets aus dem Stand in den Einsatz starten. Horst Philipp, dem einzigen deutschen ZELL-Piloten, berichtete über die spektakuläre Erprobung des Zero-Length-Launch-Systems.

 

Der Testpilot im Cockpit des Starfighters drückt den ZELL-Hauptschalter. Mit einer kaum registrierbaren Verzögerung zündet das Raketentriebwerk unter dem Heck der F-104G. Der Start sieht absolut spektakulär aus. „Die Beschleunigung lag bei 2 g und ließ sich locker ertragen. Das Flugzeug reagierte sofort auf den Seitenwind mit einer Rollbewegung nach Lee. Gleichzeitig drehte die Nase in den Wind. Während ich mich vorher darauf konzentriert habe, dass ich schnell genug zum Schleudersitzgriff komme, falls nach dem Drücken des ZELL-Knopfes irgendwas schiefläuft, versuchte ich jetzt, gegenzusteuern. Aber das war wie erwartet zunächst bis etwa 100 bis 120 Knoten wirkungslos. Dann reagierte die Maschine und tat genau das, was man ihr befahl. Ich wartete die Brennzeit ab und beobachtete, wie die Geschwindigkeit stieg und sich nach dem Abschalten des Nachbrenners stabilisierte. Dann folgten ein kurzer Check des Flugverhaltens mit dem Booster als Außenlast unter dem Rumpf, der Anflug des Abwurfplatzes aus einer großen Platzrunde und der Abwurf des leer gebrannten Boosters“.

 

ZELL-Alarmrotte mit Nuklearwaffe:  


Was selbst heute noch wie Science Fiction klingt, galt schon früh als beschlossene Sache. Die deutsche F-104G war als Nuklearwaffenträger ein wichtiger Teil der NATO-Strategie der „massiven Vergeltung“; jedem Angriff auf das Bündnis sollten umfangreiche Gegenschläge folgen. Die für den Starfighter nötigen Flugplätze mit ihren langen Betonpisten waren daher als Primärziele des Gegners besonders verwundbar. Daher vereinbarten die deutschen Auftraggeber bereits im Entwicklungs- und Produktionsvertrag mit Lockheed im Jahr 1959 Möglichkeiten, die Abhängigkeit von den Fliegerhorsten zu verringern. Der Start aus dem Stand mit zusätzlichen Raketen oder mit Hilfe von Katapulten wurde untersucht. Raketenstarts hatten sich zu diesem Zeitpunkt schon bei dem unbemannten Flugkörper Martin Matador bewährt und waren bei den Flugzeugmustern F-84G und F-100 erprobt worden.

 

Im Jahr 1963 schloss Deutschland schließlich einen Vertrag mit Lockheed zur Entwicklung des ZELL-Systems (Zero Length Launch) für den Starfighter. Im selben Jahr erfolgten bereits erste Abschussversuche auf der Edwards Air Base in Kalifornien. Das Flugzeug sollte mit Hilfe der Rakete Rocketdyne RS-B 202 aus einem Startgestell heraus auf Fluggeschwindigkeit gebracht werden. Als Treibstoff der 4,06 Meter langen Feststoffrakete dienten 1223 Kilogramm Ammoniumnitrat. Das Gesamtgewicht betrug 1905 Kilogramm. Zunächst simulierten mit Beton gefüllte Stahlgestelle die Masse, die Abmessungen und die Schwerpunktlage des Kampfflugzeugs. Diese Probeschüsse verliefen so weit zufriedenstellend, dass Lockheed-Testpilot Edward Brown vier Starts mit einer F-104G absolvieren konnte. Dabei kamen ein von der US-Firma entwickeltes Startgestell und der Starfighter mit der Kennung DA+102 (Werknummer 2002, die zweite von Lockheed gebaute F-104G) zum Einsatz. Die Änderungen des Flugzeugs betrafen den ZELL-Hauptschalter im Cockpit, Vorrichtungen für die Raketenaufhängung, Verstärkungen der Zelle und ein modifiziertes Kraftstoffsystem, das verhinderte, dass Kerosin während der Startphase zurück in die Tanks lief.

 

Seitenwindtests in Lechfeld: 


Auch hier gab es keine Zwischenfälle, so dass vier weitere Starts mit einem von VFW entwickelten, geländetauglichen Startgestell erfolgten. Diese zweite Phase endete am 22. Juli 1964. Allerdings gab es Bedenken bezüglich der Anfälligkeit bei Seitenwind, da das Flugzeug unmittelbar nach dem Start noch nicht aerodynamisch steuerbar, sondern rein ballistisch stabilisiert war. Diese Problematik sollte in einem dritten Testabschnitt gelöst werden, er fand allerdings nicht in den USA, sondern im deutschen Lechfeld statt. Aufgrund seiner Größe und der angrenzenden bundeseigenen Gebiete eignete sich der Fliegerhorst des Jagdbombergeschwaders 32 dazu am besten.

 

Hier sollte mit Philipp auch ein Pilot der E-Stelle ZELL-Starts absolvieren. „Die Vorteile, die ich gegenüber dem Lockheed-Piloten hatte, waren, dass ich vorher schon sehen konnte, was abläuft. Zudem hatte ich einen Martin-Baker-GQ-7-Sitz in der Maschine, während der Lockheed-Pilot noch mit dem C-2-Sitz flog, dessen Leistung – er hatte keine Null-Null-Fähigkeit – nicht ausreichte. Der Lockheed-Pilot besaß zusätzlich in seinem Rückenfallschirm eine Auszugsrakete – eine abenteuerliche Geschichte. Die hätte helfen sollen, dass er hoch genug gezogen wird, damit sich der Fallschirm noch öffnet. Der Erprobungsstelle war aber das Risiko viel zu groß, der Pilot hatte nicht die geringste Chance mit dem Sitz.“ Die E-Stelle führte daher im Sommer 1965 in Manching Tests mit dem neuen Rettungsmittel aus Großbritannien durch, das anschließend in die gesamte deutsche Starfighter-Flotte eingerüstet wurde.

 

Am 20. Februar 1966 kam der mittlerweile in Manching modifizierte Starfighter mit der Nummer 2002 (und dem neuen taktischen Kennzeichen DB+127) in Lechfeld an. Das Startgestell wurde am Ende des Fliegerhorstes im Nordosten platziert. Die Startrichtung verlief parallel zur Startbahn in Richtung Süden. Die hintere Betonfläche des Gestells sorgte dafür, dass die Abgase nicht nach vorne geleitet und vom J79-Triebwerk der F-104 angesaugt werden konnten. In der Mitte befanden sich Stützpunkte für das Hauptfahrwerk und ein Rahmen in Form eines Hufeisens mit einem Rückhaltestab, der die F-104 mit dem Gestell verband. Er brach bei einer Zuglast von rund 11000 Kilogramm und gab das Flugzeug frei.

 

Die Rakete brennt acht Sekunden:


Der Ablauf der Starts war immer gleich. Zunächst machte das Team den Booster separat fertig. „Er war temperaturempfindlich und musste auf 27 Grad gehalten werden“, sagt Philipp. Dann schob die Bodenmannschaft den Jet über Rampen auf die Stützpunkte. Die Maschine stand jedoch nicht auf den Rädern, sondern ruhte auf den Aufbockpunkten des Hauptfahrwerks. Nach den Vorflugchecks und dem Betanken des Flugzeugs hängte die Crew den Booster an. „Er wurde mit Theodoliten eingestellt, damit er den richtigen Schubvektor hatte. Dabei war er in eine Heizmatte eingewickelt, um die Temperatur zu halten. Ansonsten hätten wir andere Schubwerte gehabt. Dann wurde die Startstellung in einem Winkel von 20 Grad eingenommen. Alles war bereit für den Start, der Pilot stieg ein und machte sein Pre-Flight im Cockpit.“

 

Auf diese Weise absolvierte Brown zwischen 4. Mai und 7. Juni 1966 fünf erfolgreiche Starts. Nach der Zündung brannte die Rakete für eine Dauer von 8,25 Sekunden. Bei der höchsten getesteten Startmasse von 15 Tonnen erreichte der Starfighter bis Brennschluss eine Höhe von 170 Metern und eine Geschwindigkeit von 496 km/h. Bis dahin hatte er über Grund eine Strecke von knapp 490 Metern zurückgelegt. Dann war Philipp an der Reihe. „Bei mir ging es darum, herauszufinden, wie sich das Ganze bei Seitenwind verhält. Um den Start in der ersten Phase möglichst stabil zu machen, erfolgte meine rster Start in der Schwerlastkonfiguration mit vollen Tip-Tanks, Pylon-Tanks und einer Last von 906 Kilogramm am zentralen Außenlastträger“, erinnert er sich. „Denn je mehr Masse da war, umso weniger konnten Seitenwindkräfte oder auch eine etwas vertrimmte Einstellung des Boosters Schaden anrichten. Das Flugzeug sollte in der ballistischen Phase einigermaßen die Lage behalten, bis man genug Staudruck hatte, um die Steuerung wieder selbst zu beeinflussen.“ Bei seinem Einsatz herrschte ein Seitenwind von rund zehn Knoten.

 

Ein Start kostete ca. 115.000 Mark: 


Auch bei Horst Philipps zweitem Start am 12. Juli 1966 kam es zu keinen Schwierigkeiten, so dass dem Aufbau einer Lehr- und Versuchsstaffel des JaboG 32 zum Truppenversuch mit dem ZELL-System und einem Katapultsystem mit 14 Starfightern eigentlich nichts im Wege stand. Dazu kam es jedoch nicht mehr, da die Arbeiten im Oktober 1966 auf Weisung der Luftwaffenführung eingestellt wurden. Mit der Änderung der NATO-Strategie zur flexiblen Vergeltung ging man nun davon aus, dass der Gegner die Fliegerhorste eher mit konventionellen Waffen angreifen würde und sich die Schäden wieder instand setzen ließen.

 

Außerdem erschien der Aufwand zu hoch; die Kosten für einen ZELL-Start wurden auf 60000 Mark beziffert. Ihr Übriges tat auch die Starfighter-Krise. „Wir hatten ja wahnsinnig viele F-104-Unfälle, und da passte es nicht ins Bild, dass wir ein Unternehmen starteten, das noch risikoreicher schien. Dabei hätte ZELL funktioniert: Das Risiko war überschaubar, und die F-104 war gut geeignet. Es gab kein Problem.“

 

Ein Gutes hatte die Erprobung auf jeden Fall: Sie sorgte für die Verwendung des Schleudersitzes von Martin-Baker, der vielen Piloten das Leben retten sollte. Diese Einführung wurde durch unseren früheren Vereinsvorsitzenden Generalmajor Andries Schlieper (†) projektiert und verantwortet.

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