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Das Space Ship One ist ein Experimentalflugzeug mit Raketentriebwerk des Unternehmens Scaled Composites für den privaten bzw. kommerziellen Raumflug bis etwa 100 Kilometer Höhe. Scale Composites wurde vom Luft- und Raumfahrtingenieur Burt Rutan gegründet, der unkonventionelle Flugzeugprototypen entwickelt.
Grundlage des Projekts war eine Preisausschreibung der gemeinnützigen X-Prize Foundation, die1995 gegründet wurde. Sie schreibt Preise für technische und wissenschaftliche Entwicklungen aus. Der mit 10 Millonen Dollar dotierte “Ansari X-Prize” war der Erste der X-Preise. Man wollte mit diesem Wettbewerb einen Anreiz schaffen, um kommerzielle bemannte Raumflüge voranzutreiben. Bedingung war, mit einem bemannten Raumfahrzeug innerhalb von zwei Wochen zweimal eine Höhe von mindestens 100 km zu erreichen. Die Höhe von 100 Kilometern gilt als Schwelle zum Weltall. Das Raumfahrzeug musste privat finanziert und gebaut werden, ferner sollte es zu einem hohen Anteil wiederverwendbar sein. An Bord des Raumschiffs müssen sich ein Pilot und zwei Passagiere oder an deren Stelle entsprechend schwerer Ballast befinden, so die Bedingungen. Das Raumschiff muss also sicher ins All und wieder auf die Erde gebracht werden. Um den 1996 ausgeschriebenen Preis konkurrierten am Ende 25 Teams, bis das Team Scaled Composites ihn am 4. Oktober 2004 gewann.
Zuvor musste Burt Rutan bei der Entwicklung techniche Probleme überwinden. Dies fing aufgrund beschränker Mittel schon bei der Auswahl des Triebwerks an. Man entschied sich für eine Kombination aus Flüssigkeitsantrieb und Feststoffrakete in einem einzigenTriebwerk, wobei der innere Mantel aus brennbarem Feststoff leider nicht völlig verbrannte, sondern nur zum Teil. Es funktionierte aber, der Schub reichte aus. Allerdings musste das Flugzeug zuvor Huckepack mittels eines Trägerflugzeugs auf eine Höhe von 15.000 Meter gebracht werden, um dann ausgeklinkt zu werden. Das weitere Problem war der Wiedereintritt in die Atmosphäre, weil dabei sehr hohe Temperaturen entstehen und die Maschine ins Trudeln geraten kann. Hitzebeständige Materialien, wie beim “Space Shuttle” der NASA, kamen aus kostengründen nicht in frage, so dass eine andere Lösung gefunden werden musste. Rutan erinnerte sich an das Federball-Prinzip, weil der z.T. trudelnde Federball wegen des vorderen Gewichts und der hinteren “Federn” immer mit dem Kopf nach vorne in Flugrichtung fliegt. Man baute folglich bei der “Space Ship One” Flügel, die beim Wiedereintritt in die Atmosphäre nach oben in 90 Grad angewinkelt wurden, so dass dieser Federballeffekt eintrat. Das Flugzeug kam dadurch nicht ins trudeln und wurde bei einer Geschwindigkeit von 3-facher Schallgeschwindigkeit langsam abgebremst, so dass sich das Aufheizen der Maschine in Grenzen hielt. Das war eine geniale Idee.
Am 21. Juni 2004 startete das ebenso fotoristisch aussehende Trägerflugzeug “White Knight” (weißer Ritter) zum ersten mal und brachte die “Space Ship One” zunächst auf eine Höhe von 15 Kilometer, wo sie ausgeklinkt wurde. Dann zündete der Pilot für etwa 1,5 Minuten den Raketenmotor, der das Flugzeug mit einem Feuerschweif im Steigflug von ca. 90 Grad bis auf 3,5-fache Schallgeschwindigkeit beschleunigte, um dann einer ballistischen Flugbahn folgend im Parabelflug eine Flughöhe von über 100 Kilometern zu erreichen. Danach ging das Flugzeug wieder in den Sinkflug über. Eine Steuerung ist in dieser Flugphase wegen der geringen Luftdichte nur in geringem Umfang möglich, weil die Ruder in dieser Höhe nicht mehr reagieren. Wegen dieser dünnen Luft und der relativ geringen Geschwindigkeit bleiben aber die thermischen Belastungen der Maschine gering, zumal sie durch die angewinkelten Flügel langsam abgebremst wurde, so dass keine aufwändigen Materialien oder Hitzeschilde notwendig sind. Der Flugkörper wurde aus gebräuchlichem Kompsitharz gefertigt. Wie ein Flugzeug landete das „Space Ship One“ am Ende des eineinhalbstündigen Flugs wieder mit normal gewinkelten Tragflächen sicher auf der Erde. Das Fahrwerk besteht aus zwei Hauptfahrwerksbeinen mit bereiften Einzelrädern und einer Gleitplatte unter der Rumpfnase.
Im Rahmen des Wettbewerbs wurden 3 Flüge unternommen:
100 Kilometer (62 miles) Höhe am 21. Juni 2004 – Pilot: Mike Melvill
103 Kilometer (64 miles) Höhe am 29. September 2004 – Pilot: Mike Melvill
112 Kilometer (70 miles) Höhe am 4. Oktober 2004 – Pilot: Brian Binnie
Damit hatte das privat finanzierte Raumschiff „Space Ship One“ seinen Rekordflugversuch von mehr als 100 Kilometern bis an den Rand des Weltalls gemeistert. In dieser Höhe erscheint der Weltraum bereits als schwarzer Raum und die Erde als blauleuchtende Kugel. Die Piloten genossen die minutenlange Schwerelosigkeit. Sie sorgten für ein neues Kapitel in der bemannten Raumfahrtgeschichte.
Nach diesem Erfolg sehen die Macher schon den Weltraumtourismus boomen und planen neue Projekte. In Zukunft werden es nicht nur einige Astronauten sein, die mit Raumschiffen durchs All fliegen. Es ist absehbar, dass schon in wenigen Jahrzehnten praktisch jeder die Erde aus dem Weltall sehen kann. Der Milliardär stellt sich vor, dass ganz “normale” Menschen Flüge ins All buchen können. In der ersten Phase wird dieses Privileg jedoch nur Menschen mit sehr viel Geld zugänglich sein. Es ist von einem Preis von ca. 130.000 US-Dollar pro Flug und Person die Rede.
Besatzung | 1 Pilot und 2 Passagiere | ||
Länge | 8,5 m | ||
Flügelspannweite | 5,0 m | ||
Höhe | 2,7 m | ||
Tragflügelfläche | 15 m² | ||
Leergewicht | 1.200 kg |
Gewicht, letzter Flug | 3.600 kg max. | ||
Maximale Triebwerksbrennzeit | 85 Sekunden | ||
Maximalgeschwindigkeit | 3.500 km/h | ||
Anfluggeschwindigkeit | ca. 260 km/h | ||
Landegeschwindigkeit | ca. 200 km/h | ||
Gleitzahl im Normalflug | 1 : 7 |
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