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Junkers Ju 88 R1

deutscher Nachtjäger mit Radarsystem Telefunken FuG 202 Lichtenstein

Die Junkers Ju 88 war ein zweimotoriges, kolbengetriebenes Kampfflugzeug der Junkers Flugzeug- und Motorenwerke (JFM), von dem im Zweiten Weltkrieg etwa 14.880 Stück gefertigt wurden. Die Ju 88 war eines der Standard-Kampfflugzeuge des Deutschen Reiches. Die ursprünglich als schneller Horizontal- und Sturzkampfbomber konzipierte Maschine wurde auch als Fernbomber, Torpedobomber, Minenleger, See- oder Fernaufklärer, zur Wetterbeobachtung, als Zerstörer, Nachtjäger, Panzerjäger oder als Tiefangriffsflugzeug eingesetzt. Die Ju-88-Produktion war eines der größten Rüstungsprogramme des Deutschen Reiches im Zweiten Weltkrieg.

 

Geschichte der ausgestellten JU 88 R1:

 

Diese Junkers Ju 88 R1 hat eine ganz besondere Geschichte. Das Flugzeug wurde von einer desertierenden Besatzung bei den Engländern abgeliefert. Nur der Bordfunker wusste nichts von den Plänen seiner beiden Kameraden. Die Maschine hatte das neueste deutsche Radarsystem “FuG 202 Lichtenstein” an Bord, als es am 9 Mai 1943 in Dyce bei Aberdeen (Schottland) eskortiert von englischen Spitfire landete. Das Lichtenstein-Gerät, eine Entwicklung von Telefunken, war eines der ersten Bordradargeräte, das der deutschen Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg zur Verfügung stand. Der Pilot hatte einen Motorbrand vorgetäuscht und an die deutschen Funkstationen gemeldet. Diese gingen daraufhin davon aus, dass das Flugzeug ins Meer gestürzt sei. Erst einen Monat später erfuhr man über eine Rundfunksendung der BBC den wahren Sachverhalt.

 

Die Engländer gewannen durch diese Tat einen enormen Vorteil. Sie konnten nun die deutschen Radargeräte gezielt stören und Schwachstellen in ihrem eigenen Bereich abstellen. Zum Beispiel erfuhren sie, dass die Deutschen mittlerweile in der Lage waren das englische „Monica“ Rückwärtswarnradar zum Auffinden der Bomber zu benutzen.

 

Der desertierte Pilot ist nie in seine Heimat zurückgekehrt und lebte nach dem Krieg mit einer neuen Identität. 1945 wurde diese Junkers JU-88 eingelagert, um 1976 in St Athan restauriert zu werden. Heute steht sie im Museum der Royal Air Force (RAF) in London.

Die Junkers Ju 88 war Ende 1935 das Ergebnis einer Ausschreibung für ein mittleres, schnelles Kampfflugzeug. An der Ausschreibung hatten sich neben Junkers noch Dornier, Henschel, Messerschmitt und später auch Heinkel beteiligt.

 

Die Ju 88 wurde eines der Standard-Kampfflugzeuge der Luftwaffe des Dritten Reiches. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde die Ju 88 an allen Fronten bis zum Kriegsende eingesetzt, wobei dieser Flugzeugtyp anfänglich als nicht ausgereift galt. Mehrmals während der Entwicklung modifiziert wurde die Ju 88 aber bald zum Alleskönner, kam aber erst ab Frühjahr 1940 in relevanter Stückzahl zu den Verbänden.

 

Hauptaufgabe der Junkers Ju-88 waren Bombenangriffe, die sowohl im Horizontal- als auch im präziseren Sturzflug ausgeführt werden konnten. Neben ihrer eigentlichen Rolle als sturzflugfähiger Bomber wurde dieser Typ auch als schwerer Jäger, Nachtjäger, Zerstörer, Torpedobomber und Aufklärer gebaut und eingesetzt. Insgesamt wurden etwa 15.000 Stück dieses Flugzeuges hergestellt. Wohl kein Flugzeug wurde in so vielen unterschiedlichen Einsatzbereichen so erfolgreich eingesetzt wie die Junkers Ju 88.

 

Die hohe Geschwindigkeit, sehr gute Wendigkeit und ihre Robustheit, besonders gegen schwere Beschussschäden, sicherte vielen Fliegern ein Entkommen bei Jägerangriffen und die Rückkehr zum eigenen Flugplatz.

 

Bei der Junkers Ju 88 handelt es sich um einen 2-motorigen Mitteldecker in Ganzmetallbauweise mit einziehbarem Fahrgestell und zunächst drei Mann Besatzung. Aufgrund ihrer Konturen mit den zwei Triebwerken und der Pilotenkanzel erhielt sie den Spitznamen „Dreifinger-Ju“.

 

Der Antrieb erfolgte durch zwei 12-Zylinder-V-Motoren des Typs Junkers Jumo 211, später Jumo 213, oder durch Sternmotoren BMW 801 . Der Erstflug erfolgte am 21. Dezember 1936.

 

Flugzeugführer:

 

Der Pilot saß links vorne im Cockpit in einem gepanzerten Sitz. Die Bedienungselemente waren für die damalige Zeit sehr benutzerfreundlich ausgelegt, z.B. hatten die unterschiedlichen Hebel alle unterschiedlich geformte Griffe, um sie ohne Hinsehen unterscheiden zu können. Der Pilot war meistens das ranghöchste Besatzungsmitglied. Er flog nicht nur das Flugzeug, sondern war beim Sturzangriff auch für das Zielen und Abwerfen der Bomben zuständig.

 

Beobachter:

 

Der Beobachter saß rechts vom Piloten. In früheren Bombern war der Beobachter oft Offizier und Kommandant des Flugzeuges, der Pilot nur der „Kutscher“. In der Ju 88 hingegen war der Beobachter lediglich Gehilfe des Kommandanten bei der Navigation. Beim Horizontalangriff bediente er das Bombenzielgerät und löste die Bomben aus. Ferner bediente er das nach vorne gerichtete Maschinengewehr.

 

Funker:

 

Der Funker saß mit dem Rücken zum Piloten und bediente die Funkgeräte, die in der Rückwand des Cockpits eingebaut waren. Er war nicht nur für Kommunikation zuständig, sondern mittels Funkpeilung auch für die Navigation. Bei Jägerangriffen bediente er die beiden nach hinten gerichteten Maschinengewehre.

 

Bordschütze:

 

Der Bordschütze hatte die unbequemste Position. Er lag meist den ganzen Flug auf dem Bauch in der Bodenlafette und bediente die wichtigste Abwehrwaffe, das nach hinten unten gerichtete Maschinengewehr. Beim Bombenangriff war es zudem seine Aufgabe zu beobachten, ob die Bomben getroffen hatten und oft auch Fotos mit einer mitgeführten Kamera zu machen. Er hatte zudem noch die Funktion eines Bordmechanikers. Bei den Jägerversionen fiel der Beobachter weg, bei Versionen ohne Bodenlafette auch der Bordschütze.

.Ju 88 A-4Ju 88 C-6 (1942-44)Ju 88 G-6 (1944-45)
Einsatzzwecksturzflugfähiger BomberJagdbomber, Zerstörer und NachtjägerNachtjäger mit Radar
Spannweite20,08 m20,08 m20,08 m
Länge14,40 m14,36 m15,55 m
Höhe4,85 m5,05 m20,08 m
Tragfläche54,50 m²54,50 m²54,50 m²
Triebwerk:2 x Junkers Jumo 211 J2 x Junkers Jumo 211 JJunkers Jumo 213 A
ArtV12-MotoreV12-MotoreV12-Motore
Leistung2 x 1.410 PS2 x 1.410 PS2 x 1.750 PS
Höchstgeschwindigkeit470 km/hca. 490 km/h625 km/h
Dienstgipfelhöheca. 8.200 m9.900 m10.000 m
Reichweiteca. 2.700 km1.050 kmca. 2.250 km
Start- / Fluggewicht14.000 kgca. 12.300 kg14.500 kg

Technische Kurzbeschreibung: (Ju 88 A-Reihe)

 

  • FlügelFreitragender Tiefdecker. Zweiholmiger Ganzmetallflügel. Gesamte Flügelhinterkante als Klappen ausgebildet, außen als Querruder, innen als Landehilfen. Sturzflugbremsen und Flügelenteisung.

 

  • Rumpf: Ganzmetall-Schalenrumpf mit ovalem Querschnitt. Bug als planverglaste Vollsichtkanzel, vollverglaste Führerraumabdeckung dahinter auf dem Rumpf aufgesetzt. Nach rechts verschobene Liegewanne unter dem Rumpfbug.

 

  • Leitwerk: Freitragendes Normalleitwerk. Aufbau aus Ganzmetall, Trimmklappen in allen Rudern. Einziehbares Normalfahrgestell, hydraulisch betätigt. Hydraulisch bremsbare Haupträder in den Motorengondeln einziehbar. Spornrad ebenfalls einfahrbar.

 

  • Triebwerk: Zwei Junkers Jumo 211 flüssigkeitsgekühlte 12-Zylinder-Motoren mit 2 x 1.410 PS Startleistung. Junkers-Verstell-Luftschrauben aus Metall. Kraftstoffkapazität 2.900 Liter in 5 Tanks.

Cockpit einer Junkers Ju 88 D-1 TROP mit Bomberbug im U.S. Air Force Museum

Entstehungsgeschichte der Ju 88: (Vorversionen)

 

Entsprechend einer Forderung des damaligen Luftfahrtministeriums wurde 1935 eine Ausschreibung für einen Schnellbomber mit drei Mann Besatzung vorgenommen, mit weiteren klaren Zielvorgaben.

 

Der erste Prototyp “Ju 88 V-l” wurde ab März 1936 gebaut, der Erstflug erfolgte im Dezember des gleichen Jahres. Der zweite Prototyp “Ju 88 V-2” absolvierte im April 1937 seinen Erstflug und erreichte 460 km/h. Die Nachfolgerin “Ju 88 V-3” kam bereits auf über 500 km/h.

 

Das Luftfahrtministerium äußerte aber bereits Änderungswünsche, die während der ganzen Entwicklung nicht aufhören sollten. Es sollen bis Kriegsende 1945 mehrere tausend Änderungen vorgenommen worden sein.

 

Die “Ju 88 V-4” hatte bereits eine Kabinenausstattung wie in der späteren Serienausführung, war aber langsamer als der Vorgänger V-3. Eine weitere unbewaffnete Ausführung war die “Ju 88 V-5” mit einem unverglasten Rumpfbug, einer flachen Führerraumabdeckung und 2 Jumo 211-Motoren. Mit dieser Maschine wurde der damaliger Rekorde von 517 km/h über 2.000 km mit einer Nutzlast von 2.000 kg aufgestellt.

 

Ende 1937 erweiterte das Luftfahrtministerium seine Zielvorgaben für den neuen Bomber erneut. Es sollte ein sturzflugfähiger Bomber mit stärkerer Zelle und Sturzflugbremsen gebaut werden. Der Beschuß nach hinten sollte durch eine Liegewanne erfolgen. Ferner wurde eine Sichtkuppel im Rumpfbug erforderlich. Das Flugzeug sollte auch schnell wahlweise für größere Nutzlast oder Reichweite umrüstbar sein.

 

Vor allem der bekannte Konstrukteur Udet stand hinter diesen Forderungen und war maßgeblich am Bau der “Ju 88 V-6” beteiligt, die ihren Erstflug bereits im Juni 1938 absolvierte. Die Bombenlast betrug ca. 1.000 kg, die im Sturzflug abgeworfen werden sollte.

 

Der Prototyp der Zerstörerausführung war die “Ju 88 V-7”, die im September 1938 ihren Erstflug machte. Drei weitere Prototypen folgten bis Februar 1939.

 

Als der damals verantwortliche Göring im Herbst 1938 den Auftrag zu Großserie für die “Ju 88” vergab, bahnte sich bereits die Tragödie an, die zum völligen Versagen der strategischen Bomberoperationen führen sollte. Als nämlich die Serie anlief, erforderte die Kriegslage dringend strategische Fernbomber. Die “Ju 88” war aber ein mittlerer Bomber, der auch als taktisches Kampfflugzeug eingesetzt wurde. Ihr Versagen als strategischer Bomber kann nicht auf konstruktive Mängel zurückgeführt werden, weil sie für derartige Einsätze nicht gebaut wurde. Trotzdem wurden bis zum Kriegsende ca. 15.000 Maschinen hergestellt und für die verschiedensten Verwendungszwecke eingesetzt.

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