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Die He 219 wurde als der beste Nachtjäger bezeichnet, der im Zweiten Weltkrieg von der deutschen Luftwaffe eingesetzt wurde. Es war vielleicht der beste Nachtjäger des Krieges. Nur die amerikanische Northrop P-61 „Black Widow“ teilt die einzigartige Fähigkeit der He 219, für den Nachteinsatz ausgelegt zu sein. Die He 219 war schnell, wendig und verfügte über eine verheerende Feuerkraft. Es war der einzige kolbengetriebene Nachtjäger der Luftwaffe, der es mit dem schnellen britischen De Havilland „Mosquito“ auf Augenhöhe aufnehmen konnte. Zu den erweiterten Funktionen gehörten Kanonen, die zum Abfeuern in einem schrägen Winkel montiert waren, das erste lenkbare Bugrad in einem einsatzbereiten deutschen Flugzeug und die weltweit ersten Schleudersitze in einem einsatzbereiten Flugzeug. Ferner die Nutzung des Radars Telefunken FuG-212 „Lichenstein“.
Technische Kurzbeschreibung:
Rumpf: Ganzmetall-Schalenbauweise – Vorderteil mit Bug und Druckkabine – Hauptteil mit drei selbstschließenden Tanks – Pilot, Funker und Funkmeßoperateur mit Schleudersitzen
Tragwerk: freitragender Schulterdecker in Ganzmetallbauweise – einteilig mit einem Holm – Landeklappen
Leitwerk: doppeltes Seitenleitwerk in Ganzmetallbauweise
Fahrwerk: einziehbar – einfache Bugstrebe – Hauptfahrwerk doppelt bereift
Hersteller | Ernst Heinkel Flugzeugwerke AG | |||
. | Vienna-Schwechat, Austria | |||
Verwendung | Nachtjäger (hier von 1944) | |||
Besatzung | 2 Mann (später 3) | |||
Länge | 15,3 m | |||
Spannweite | 18,5 m | |||
Höhe | 4,1 m | |||
Flügelfläche | 44,5 m² | |||
Flächenbelastung | 340 kg/m² | |||
Leergewicht | 11.200 kg |
Antrieb | 2 x Daimler Benz DB 603 A | |||
. | wassergekühlt | |||
Art | 12-Zylinder, V-Motore | |||
Leistung | je 1750 PS | |||
Höchstgeschwindigkeit | 615 km/h | |||
Gipfelhöhe | 9.400 m | |||
Steigfähigkeit | ca. 8,8 m/s | |||
Reichweite | 1.545 km | |||
Bewaffnung | 2 x Mk 108 Kanone (30mm) | |||
. | 5 x MG 151/20 Kanone (20mm) |
Die He 219 wurde von Ernst Heinkel im Sommer 1940 als Projekt P.1060 konzipiert, ein privates Mehrzweck-Kampfflugzeug. Das Design wurde vom deutschen Luftfahrtministerium (RLM) als zu radikal abgelehnt, wo Heinkel viele Feinde hatte. Bis Ende 1941 hatten die nächtlichen Bombenangriffe der britischen Royal Air Force (RAF) ein so ernstes Ausmaß erreicht, dass die vorhandenen Nachtjäger Junkers Ju 88 und Messerschmitt Bf 110 nicht mehr in der Lage waren, dagegen anzugehen. Auf Drängen von Generalmajor Josef Kammhuber, Kommandeur der Nachtjäger, bat das RLM Heinkel, die P.1060 als Nachtjäger mit Radar umzugestalten. Anfang 1942 setzten die Deutschen zum ersten Mal Abfangradar aus der Luft erfolgreich gegen einen britischen Nachtbomber ein. Die klobigen Radarantennen, die wie eine Reihe von Toastgabeln aussahen, verlangsamten den Nachtjäger Junkers Ju 88 um etwa 40 km/h. Es musste folglich mehr Tempo her.
Der schnellere Prototyp He 219 V1 flog erstmals am 15. November 1942, nur 11 Monate nach der Anfrage des RLM. Nach einem Wettbewerb mit dem Nachtjäger Ju 88 S Anfang 1943 bestellte die Luftwaffe 300 He 219. Die Produktion verzögerte sich, als im März und April 1943 RAF-Angriffe auf die Heinkel-Werke in Rostock und Wien-Schwechat fast alle Zeichnungen zerstörten.
Eine kleine Charge He 219 A-0 aus der Vorproduktion wurde dennoch im April 1943 an das 1. Nachtjägergeschwader (I/NJG-1) in Venlo, Niederlande, geliefert. In der ersten operativen Mission in der Nacht des 11./12. Juni 1943, schoss eines dieser Vorserienflugzeuge, geflogen von Major Werner Streib und seinem Funker, fünf britische Bomber ab (vier Halifax und einen Lancaster). Die He 219 war mit dem kampferprobten Telefunken FuG-212 „Lichenstein“ C-1-Abfangradar (FuG = Funkgerät) ausgestattet, das erstmals Anfang 1942 operativ eingesetzt wurde. Die Reichweite des Radars war begrenzt auf 4-6 km, und seine Abdeckung war nur ein 70-Grad-Kegel, der nach vorne gerichtet war, so dass das Flugzeug am besten in einem integrierten Luftverteidigungssystem mit Bodenradar, Funknetzen und Bodenbeobachtern funktionierte, die auf potenzielle Ziele hinwiesen.
Die He 219 war bei ihren Besatzungen allgemein beliebt und wurde von ihren britischen Feinden als „erstklassiges“ Flugzeug angesehen. Spätere Versionen, wie die A-2 / R1 im August 1943 (das „R“ steht für „Rüstsatz“), hatten eine sog. „Schräge Musik“ Kanoneninstallation an Bord. Zwei MK-108 Kanonen feuern hinter dem Cockpit schräg nach oben. Diese 30-mm-Kanone war so stark, dass drei ihrer explosiven Patronen ausreichten, um einen schweren Bomber wie die britische Lancaster zum Absturz zu bringen. Die schräge Installation ermöglichte es, Bomber von ihrer verwundbaren Unterseite aus anzugreifen und gleichzeitig defensives Gewehrfeuer zu vermeiden. „Schräge Musik“ erwies sich als so effektiv, dass sie zur bevorzugten Bewaffnung der deutschenn Nachtjäger wurde.
Deutsche Nachtjäger fingen britische Bomber häufig ab, indem sie auf Emissionen zielten, die aus Sicherheitslücken resultierten: zum Beispiel eingeschaltete Freund-Feind-Identifikationssender oder kontinuierlich strahlende Navigations- und Bombenradare. Um dem effektiven, koordinierten Einsatz von Luft- und Oberflächenradaren in Deutschland entgegenzuwirken, begann Großbritannien mit der Verwendung von aus der Luft abgeworfenen metallisiertem Spreugut (Codename „Window“), das aus deutscher Sicht als „Lametta„ bezeichnet wurde. Dies blendete sowohl Bodenradare als auch das C-1-Luftradar der ersten Generation „Lichtenstein“.
11 Heinkel He 219 wurden 1943 und 195 in 1944 in Werken in Wien-Schwechat und Rostock-Marienehe gebaut. Im Werk Schwechat waren rund 2.000 Häftlinge des KZ Mauthausen an den Montagebändern beschäftigt. Die A-5, die erste große He 219-Serienversion, verzögerte sich aufgrund verschiedener Probleme bis März 1944. Das verbesserte Telefunken FuG-220 „Lichtenstein“ SN-2-Radar mit längerer Wellenlänge wurde eingebaut, das nicht von Spreugut „Lametta“ geblendet wurde. Ausgestattet mit einer anderen, aber immer noch ungeschickten Antennenanordnung namens „Hirschgeweih„ ermöglichte dieses Radar eine Erkennung bis zu 4000 m. Trotzdem waren Kollisionen in der Luft bei Nacht immer noch an der Tagesordnung.
Die Verluste der RAF-Bomber bei Nachtoperationen im Jahr 1943 betrugen 3,6 Prozent, trotz des Einsatzes von Spreugut und anderen frühen Techniken der elektronischen Kriegsführung, wie aktivem Stören der gegnerischen Sender. Bis März 1944 betrugen die Verluste bei einigen Angriffen bis zu 12 Prozent – mehr als die durchschnittlichen 11 Prozent Verluste der US Army Air Force bei Bombenangriffen während des Zeitraums. In der Nacht zum 30. März 1944 hatten zum Beispiel deutsche Nachtjäger 94 britische Bomber abgeschossen, die an einem Angriff auf Nürnberg beteiligt waren.
Für Anti-Moskito-Operationen wurde die He 219 A als A-6-Version abgespeckt und erreichte 650 km/h. Die He 219 A-7, die nächste große Serienversion, trug eine mächtige Bewaffnung aus 8 Kanonen – zwei 30 mm Rheinmetall MK-108 in den Flügelwurzeln, zwei 30 mm Rheinmetall MK-103 und zwei 20 mm Mauser MK-151/20 in einer Bauchschale und zwei MK-108 in einer „Schräge Musik“-Installation nach oben. Die A-7/R6 mit Junkers Jumo 222A/B-Motoren (2.500 PS) war die schnellste ihrer Art und erreichte 700 km/h. Trotz der Erfolge des Flugzeugs überredete Erhard Milch, ein weiterer Heinkel-Gegner, der Chef der Flugzeugbeschaffung und -versorgung war, das RLM im Mai 1944, das gesamte Programm abzubrechen. Er befürwortete die Standardisierung der Mehrzweck-Junkers Ju 388 und des Focke-Wulf Ta 154-Nachtjägers, die seiner Meinung nach einfacher herzustellen waren, – jedoch tatsächlich nie im Kampf eingesetzt wurden.
Trotzdem produzierte Heinkel weiterhin kleine Stückzahlen der He 219 in Wien-Schwechat. 1945 wurden noch 54 gebaut. Insgesamt wurde 294 gebaut und 268 schließlich in Betrieb genommen. Am 2./3. November 1944 schoss eine He 219 sechs Bomber in 12 Minuten ab, aber die Zermürbung der Nachtjägertruppe nahm zu. Am 10. Januar 1945 hatte das 1. Geschwader der deutschen Nachtjäger 64 He 219 in Stärke, aber nur 45 waren einsatzbereit. Die Situation war so schlimm, dass die Wartungshandbücher der He 219 sogar einen speziellen Band über die Bergung abgestürzter Flugzeuge enthielten. Aufgrund des dringenden Bedarfs der Luftwaffe an den Nachtjägern und der einfachen Montage der He 219 wurden tatsächlich 6 weitere Flugzeuge im Feld aus Ersatzteilen gebaut und ohne offizielle Registrierung einsatzbereit eingesetzt. Zwei der von den Russen erbeuteten Heikel He 219 wurden 1946 von der Tschechoslowakei unter der Bezeichnung LB-79 geflogen.
Am 16. Juni 1945 übernahm ein Team von 25 Geheimdienstoffizieren und Männern des Geheimdienstes der U.S. Army Air Force (USAAF) im Rahmen der „Operation LUSTY“ (= Luftwaffe Secret Technology) unter Col. Harold E. Watson die Kontrolle über drei He 219 in Grove in Südjütland, Dänemark. Diese Flugzeuge wurden von „Watson’s Wizzers“ flugtauglich gemacht und nach Cherbourg, Frankreich, geflogen. Von Cherbourg aus wurden diese Flugzeuge im Rahmen des „Project Sea Horse“, darunter He 219 A-2 an Bord des Royal Navy Schiffes HMS „Reaper“ in die Vereinigten Staaten verschifft. Zusammen mit 21 anderen erbeuteten deutschen Flugzeugen wurden die Heikel He 219 in Ford Field, Newark (New Jersey), wieder zusammengebaut. Umregistriert als FE-614 (später T2-614; „T2“ stand für das Office of Air Force Intelligence) und geflogen nach Freeman Field, Indiana, wurde dieses Flugzeug zusammen mit einer anderen der drei He 219, einer He 219 A-5, getestet. 1946 wurde die A-2 zum Orchard Place Airport in Park Ridge, Illinois, in der Nähe des heutigen O’Hare International Airport transportiert. Hier wurde es vorübergehend in einer leerstehenden Fabrik der US-Regierung gelagert, die zuvor von der Dodge Automobile Company zum Bau von Douglas C-54 Skymaster (militärische Version der zivilen Douglas DC-4) genutzt wurde. Die He 219 wurde am 3. Januar 1949 in das Smithsonian National Air Museum überführt, und zusammen mit 82 anderen Flugzeugen in Park Ridge Anfang 1955 in Kisten verpackt und zum Lager der Smithsonian Institution in Silver Hill, verschifft. Die He 219 A-2 ist derzeit im Udvar-Hazy Center des Air ans Space Museums ausgestellt. (Stand: 2022)
Der Daimler-Benz DB 603 war ein von Daimler-Benz entwickelter V12 Kolbenflugmotor im Zweiten Weltkrieg. Verwendet wurde er in folgenden Maschinen: Messerschmitt Me 410 Hornisse, Heinkel He 219 Uhu, Dornier Do 335 Pfeil, Focke-Wulf Ta 152.
Der DB 603 war wie der DB 605 eine Weiterentwicklung des DB 601 mit vergrößertem Hubraum. Aufgrund seines Einsatzzwecks als Motor für Bomber oder ähnliche mehrmotorige Flugzeuge wurde dessen Hubraum stärker erhöht als beim DB 605.
Der DB 603A war ein 12-Zylinder-Kolbenmotor in 60°-V-Anordnung mit Aufladung und einer anfänglichen Startleistung von 1.750 PS. Als deutsche Besonderheit war der Motor mit hängenden Zylindern gebaut. Man versprach sich davon eine bessere Sicht für den Piloten, da der Motor in dieser Einbaulage nicht so hoch aufragte. Zwischen den Zylinderbänken konnte eine Motorkanone (z. B. MG FF) als Rohrdurchführung eingebaut werden, die – wie bei der Messeraschmitt BF 109 – durch die hohle Propellerwelle schoss.
Das Triebwerk war mit einem durch eine hydraulische Kupplung von der Kurbelwelle angetriebenen mechanischen Lader versehen. Dieser Lader hatte die Aufgabe, den durch den geringeren Sauerstoffpartialdruck in der Atmosphäre verursachten Leistungsabfall in großer Höhe auszugleichen. Die Volldruckhöhe (die Höhe, bis in welche der Lader die selbe Luftmenge wie in Bodennähe liefern kann) betrug 5.700 m; darüber verlor der Motor kontinuierlich an Leistung.
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