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Der Bomber gehört zu den aufwändigsten und kostenintensivsten Rüstungsprogrammen des Zweiten Weltkrieges. Die Boeing B-29 Superfortress, ein 4-motoriges Mitteldecker-Ganzmetallflugzeug des US-amerikanischen Herstellers Boeing Airplane Company aus den 1940er Jahren, war der größte und leistungsfähigste Bomber des Zweiten Weltkriegs. Das maximale Abfluggewicht der B-29 „Superfortress“ konnte das Doppelte des Gewichts ihres Vorgängermodells, der B-17 „Flying Fortress“, betragen.
Sie wurde entwickelt, um große Bombenlasten über weite Entfernungen und in großer Höhe ins Feindesland zu tragen. Die Entwicklungskosten beliefen sich auf 3 Mrd. US-Dollar, 1 Milliarde mehr als für die Entwicklung der Atombombe. Die Sowjetunion behielt vier Maschinen, die auf ihrem Gebiet notlandeten. Daraus wurde der Atomwaffenbomber Tupolew Tu-4 entwickelt, der genauso aussieht.
Die B-29 war eines der ersten Großflugzeuge mit einer zweigeteilten Druckkabine. Das Cockpit vorne und der Waffenstand hinten waren unter Druck. Die beiden Sektionen wurden mit einem kleinen Tunnel (Durchmesser ca. 80 cm) mit zwei Druckschotts an den Enden verbunden. Man musste sich auf einen Schlitten legen und konnte sich so an dem großen Waffenladeraum vorbei zum vorderen bzw. hinteren Teil des Flugzeuges bewegen. Die Besatzung konnte bis 30 Minuten vor dem Einsatz ohne Sauerstoffmasken auskommen, danach mussten sie wegen möglicher Dekompression bei einem Treffer wieder angelegt werden und der Druck wurde wieder an den Außendruck angeglichen. Technisch fortschrittlich waren auch die von Bordschützen unter Sichtkuppeln fernbedienten Türme für die Abwehrbewaffnung.
Über die gesamte Produktionsdauer hinweg litt das Muster an Kühlproblemen, die zu schwer zu löschenden Motorbränden führten. Aus Gewichtsgründen verwendete man nämlich Magnesium statt Aluminium für die Kurbelgehäuse des Motors. Dies führte unter anderem zu einem schweren Unfall mit dem ersten Prototypen YB-29, der bei einem Testflug nach einem Motorbrand abstürzte. Alle Besatzungsmitglieder kamen ums Leben.
Nach der Übernahme des Kommandos durch General LeMay ließ dieser die Abwehrbewaffnung bis auf die Waffen im Heckstand ausbauen, um die Belastung der brandgefährdeten Motoren zu verringern und so die Zuverlässigkeit der Bomber zu erhöhen. Gleichzeitig änderte er die Angriffstaktik der B-29-Bomberflotte auf Nachtangriffe, bei denen das Fehlen der Abwehrbewaffnung sich nicht negativ auswirkte. Da Präzisionsangriffe nachts noch weit schwieriger waren als tagsüber, flogen die B-29 daraufhin Flächenbombardements aus relativ geringer Höhe auf die überwiegend aus Holz gebauten Stadtgebiete Japans, bei denen hunderttausende Zivilisten ums Leben kamen. Bei dem größten und aufgrund der meteorologischen Verhältnisse effektivsten Angriff auf Tokio starben in einer Nacht vermutlich mehr Menschen als durch den Atombombenangriff auf Hiroshima.
Um die von der USAAF geforderte hohe Treffsicherheit zu erreichen, wurde eigens von der US-Firma NORDEN ein hochgeheimes Bombenzielgerät für die B-29 entwickelt. Es war in allen 3 Achsen stabilisiert und direkt mit dem Autopilot der B-29 verbunden. Kurz vor dem Bombenabwurf wurde die Steuerung der Maschine vom Piloten an den Bombenschützen bis zum Abwurf übergeben. Das war revolutionär neu und – bei guter Sicht – extrem treffsicher. Die Bombenschützen mussten den Erhalt des Zielgerätes vor jeden Einsatz schriftlich quittieren. Dieses Zielgerät war auch beim Abwurf beider Atombomben über Japan im Einsatz
1950 übergaben die Amerikaner den Briten 88 B-29, bei denen sie “Boeing Washington” hieß. Diese sollten die veraltete Avro Lincoln-Bomberflotte ersetzen und die Zeit bis zur Fertigstellung des ersten britischen strahlgetriebenen Langstreckenbombers überbrücken. Bis auf wenige Exemplare zur Fernmelde- und elektronischen Aufklärung kehrten alle Ende 1954 in die USA zurück.
Länge | 30,18 m | ||
Flügelspannweite | 43,05 m | ||
Höhe | 9,02 m | ||
Antrieb | 4 x Wright R-3350-23-Cyclone | ||
Art | Doppelsternmotoren | ||
Leistung | je 2.200 PS | ||
max. Geschwindigkeit | 576 km/h in 9.150 m Höhe | ||
normale Reichweite | 5.200 km |
Besatzung | 10 bis 14 Mann | ||
Gipfelhöhe | 10.250 m | ||
Max. Startmasse | 62.560 kg | ||
Bewaffnung | 12 x 12,7-mm-MGs in | ||
. | ferngesteuerten Waffenständen | ||
. | 2 x 20-mm-MK im Heck, | ||
. | ca. 9.070 kg Bomben | ||
. | . |
Die Boeing B-29 Superfortress wurde im Zweiten Weltkrieg primär für die Bombardierung Japans eingesetzt. Zunächst erfolgten ab Juni 1944 Angriffe auf Westjapan von schwer zu versorgenden Flugplätzen in China, ab November 1944 dann von den besetzten Inseln Saipan und Guam aus auf ganz Japan. Bei diesen Einsätzen wurde auch die Existenz der Jetstreams entdeckt. Das sind konstante Höhenwinde, die von Flugzeugen genutzt werden. Anfangs flogen die B-29 – ähnlich wie Boeing B-17 und B-24 in Europa – tagsüber durchgeführte Präzisionsangriffe auf Industrieanlagen aus großer Höhe, die jedoch aufgrund der meist ungünstigen Wetterverhältnisse über Japan nur wenig erfolgreich waren.
Aus einer Maschine dieses Typs, der Enola Gay, wurde am 6. August 1945 die erste Atombombe “Little Boy” über der japanischen Stadt Hiroshima abgeworfen. Drei Tage später warf die B-29 mit dem Namen Bockscar die Atombombe “Fat Man” über Nagasaki ab.
Im Koreakrieg wurde die B-29 letztmals im Kampfeinsatz verwendet. Aufgrund ihrer mangelhaften Abwehrbewaffnung und der schweren Verluste, die die MiG-15-Jäger sowjetischer Fabrikation der B-29 zufügten, wurde die B-29 aus dem Einsatz als strategischer Tagbomber zurückgezogen und konnte nur Nachts oder gegen taktische Ziele außerhalb der Reichweite der MiGs eingesetzt werden.
Weiterentwicklungen und Modifikationen:
Fast zeitgleich mit der Auschreibung der Boeing B-29 Superfortress wurde 1941 eine Maschine mit noch weit größerer Reichweite gefordert: Für den Fall, dass Großbritannien im europäischen Teil des 2.Weltkrieges verloren ginge, war ein „Superbomber“ mit Reichweite USA-Europa-USA notwendig. Aus dieser Anforderung entstand die 6-motorige (später 10-motorige) riesige “Convair B-36 Pacemaker”, mit umgedrehten Motoren, die auf Schub gestellt waren. Boeing wollte die Lebensdauer und den kommerziellen Erfolg der B-29 retten und perfektionierte als Konkurrenzentwicklung die Luftbetankung mit einem, bis heute üblichen festen Ausleger („Flying Boom“). Dadurch hätte die B-29 diese Anforderung ebenfalls erfüllen können. Aus dieser Forderung nach extremer Reichweite ging dann die Boeing B-50 als militärische Weiterentwicklung der B-29 hervor, die eine weiter gesteigerte Bombenlast tragen konnte und mit stärkeren Motoren ausgestattet war.
Aus dem extrem aufwendigen Hochleistungsflügel, dem Leitwerk und dem Fahrwerk wurde dann nach dem Zweiten Weltkrieg ein Frachtflugzeug, die Boeing C-97 Stratofreighter entwickelt. Der klobig aussehende Rumpf war eine Neukonstruktion. Diese Maschine wurde von der USAF weitgehend finanziert und es wurde daraus eine Zivilversion, die Boeing B-377 Stratocruiser entwickelt. Die Motoren waren stärker und zuverlässiger, ansonsten waren die Hauptdaten fast deckungsgleich. Aus stillgelegten Stratocruisern wurden dann für die NASA die Guppy, Pregnant Guppy und die Super Guppy zum Transport extrem sperriger Güter wie Raketenbauteile etc. umgebaut. Die “Super Guppy” war der Vorgänger des europäischen Airbus A 300-600 ST “Beluga”.
Fremdfotos: U.S. Air Force Museum in Dayton/ Ohio
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