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Die MiG-29 wurde als Reaktion auf eine neue Generation amerikanischer Jäger entwickelt, zu denen auch die McDonnell Douglas F-15 Eagle und Lockheed Martin F-16 Fighting Falcon gehörten. Als Luftverteidigungsjäger konzipiert, verfügte dieses Mehrzweckflugzeug auch über eine Bodenangriffsfähigkeit. Der Auftrag, einen „frontalen“ oder taktischen Jäger für die sowjetische Luftwaffe zu produzieren, ging an das Mikoyan-Gurevich Design Bureau (MiG OKB). Die MiG-Konstrukteure nutzten alle verfügbaren technischen Daten der fortschrittlichsten westlichen Flugzeuge und begannen Anfang der 1970er Jahre mit der Arbeit an der MiG-29. Der Prototyp absolvierte am 6. Oktober 1977 seinen Erstflug. US-Aufklärungssatelliten entdeckten das neue Jagdflugzeug im November 1977. Die NATO gab ihm die Bezeichnung „Fulcrum“.
Die Produktion begann 1982, und die Lieferungen an Kampfeinheiten 1983. Im Vergleich dazu trafen die ersten einsatzbereiten F-15As der USAF sieben Jahre früher im Jahr 1976 ein, und ihre F-16As wurden vier Jahre früher im Jahr 1979 in Betrieb genommen.
Obwohl neu, blieb die MiG-29 in mehreren wichtigen Bereichen hinter den modernsten westlichen Jägern zurück. Beispielsweise hatten die Flugzeugkonstrukteure wenig Erfahrung mit Fly-by-Wire-Steuerungen oder leichten Verbundwerkstoffen für den Flugzeugzellenbau. Die ersten MiG-29-Versionen verwendeten ein herkömmliches hydraulisches Flugsteuerungssystem und einen Rumpf aus Aluminiumlegierung. Im Laufe der Zeit haben MiG-Designer diese Nachteile behoben, und spätere Varianten der MiG-29 enthielten Fly-by-Wire-Steuerungen und Verbundmaterialien. Die Version MiG-29 OVT (OWT) hatte sogar bewegliche Vektordüsen zur Ausführung des “Kobramanövers”. Diese MiG konnte auf seinem Rückstrahl quasi in der Luft stehen, bzw. balancieren, um danach wie eine Rakete senkrecht nach oben in den Wolken zu verschwinden. Auf der ILA 2006 stahl die MiG-29 OVT dem neuen Eurofighter die Show.
Die MiG-29 stellte eine gewaltige Bedrohung für westliche Piloten dar. Die Radargeräte früherer sowjetischer Jäger waren nicht in der Lage, unter ihnen fliegende Flugzeuge von Bodenechos zu unterscheiden. Niedrig fliegende Flugzeuge konnten so der Entdeckung entgehen. Mit dem Doppler-Radar Phazotron NIIR N019 (NATO-Bezeichnung „Slot Back“), das ein Ziel in mehr als 100 km Entfernung erkennen kann, Infrarot-Tracking-Sensoren und einem Laser-Entfernungsmesser, der auf der MiG-29 mitgeführt wird, konnte ein Pilot fliegende Flugzeuge verfolgen und abschießen. Außerdem machte das am Helm montierte Zielgerät Shchel-3UM-1 des Piloten die MiG-29 zu einer sehr gefährlichen Bedrohung, sobald Gegner in Sichtweite kamen. Ein Pilot musste sein Flugzeug nicht mehr auf ein Ziel ausrichten und warten, bis die Sensoren seiner Raketen „aufgeschaltet“ waren, bevor er feuerte. Jetzt drehte der Pilot einfach seinen Kopf in Richtung eines Ziels, und der Helm richtete die Sensoren der Rakete auf das Ziel. Dieses „off boresight“-Verfahren zur „Winkelberechnung“ verschaffte dem MiG-29-Piloten einen großen Vorteil im Nahbereich.
Das ausgestellte Flugzeug war ein frühes Modell der sowjetischen Luftwaffe MiG-29A (S/N 2960516761), das dem 234. Gvardeiskii Istrebitelnii Aviatsionnii Polk (234. Guards Fighter Aviation Regiment) zugewiesen wurde, das auf dem Luftwaffenstützpunkt Kubinka in der Nähe von Moskau stationiert war. Sie war eine der sechs MiG-29, die Kuopio-Rissala, Finnland, im Juli 1986 einen Besuch abstatteten. Diese Veranstaltung war die erste öffentliche Vorführung der MiG-29.
Funktion | Mehrzweck-Jagdflugzeug |
Besatzung | 1-2 Piloten |
Erster Flug: | 6-Oct-77 |
Inbetriebnahme | 1983 |
Hersteller | MiG MAPO, Russland |
Länge | 17,32 m |
. | 16,28 m ohne Staurohr) |
Spannweite | 11,36 m |
Höhe | 4,73 m |
Flügelfläche | 43,5 m² |
Leergewicht | 10.900 kg |
Kraftstoffvorrat | 3.200 kg |
. | 4.200 kg mit Zusatztank |
Maximale Startmasse | 21.000 kg |
Triebwerk | 2 x Klimow RD-33 |
Art | Mantelstromtriebwerke |
Startleistung | 2 x 49,6 kN |
Schub m. Nachbrenner | 2 x 86,4 kN |
Geschwindigkeit | in Bodennöhe: Mach 1,1 |
. | in großer Höhe: 2.430 km/h |
Marschgeschwindigkeit: | 1.250 km/h |
Startgeschwindigkeit | 260 km/h |
Landegeschwindigkeit | 260 – 280 km/h |
Startstrecke | ca. 300 m |
Landestrecke | 900 m (700 m mit Bremsschirm) |
Kampfreichweite | 700 km (1.300 km mit Zusatztank) |
Reichweite max. | 2.900 km |
Dienstgipfelhöhe | 18.000 m |
Steigleistung | von 0,0 m auf 6.000 m in 55 sek. |
Flächenbelastung | 442 kg/m² |
G-Belastung | +9 g / -3 g |
Wendekreis | 800 m, kleinster |
Gesamtstückzahl | 1,270 |
davon deutsche Luftwaffe | 24 |
Bewaffnung | . |
Radar | Phazotron N-109 |
Bordkanone | 30 mm Gryazev-Shipunov GSh-30 |
. | Bordkanone mit 150 Schuss |
Raketen | 6 x AAMs gemischt aus SARH und |
. | Vympel R-27/AA-10 Alamo |
. | Molniya R-60/AA-8 Aphid |
. | Vympel R-73/AA-11 Archer |
. | Vympel R-77/AA-12 Adder |
Bomben | 3.500 kg |
Technische Beschreibung der MiG-29:
Von diesem außerordentlich wendigen, in dieser Hinsicht vielen westlichen Kampfjets überlegenen Flugzeug, wurde eine grosse Anzahl von Varianten gebaut bzw. erprobt. So kann die MiG-29 OVT kurzzeitig auf ihrem eigenen Schubstrahl stehen – wichtig für das so genannte Kobra-Manöver.
Das Kobramanöver (siehe MiG 29 OVT) kann von Kampffliegern im Luftkampf eingesetzt werden. Erstmals wurde es Mitte der 80er Jahre von Wiktor Pugatschow (UdSSR) auf einer Suchoi Su-27 in der Öffentlichkeit demonstriert. Neben der Veranschaulichung der Manövrierfähigkeit moderner Kampfjets soll es im Luftnahkampf dazu dienen, mittels plötzlicher Reduzierung der Fluggeschwindigkeit den verfolgenden Gegner zum Überholen zu zwingen, um so selbst in eine günstige Schussposition zu gelangen. Das Abbremsen wird durch eine schlagartige Erhöhung des Luftwiderstandes des Flugzeugs bewirkt, indem der Flugzeugbug senkrecht nach oben gestellt wird.
Die Flügelkonstruktion mit breiter Flügelwurzel bringt einen grossen Teil des Auftriebs durch den Rumpfansatz, was die Langsamflugeigenschaften verbessert. Typisch für die MiG-29 sind die grossen Klappen, die die Luftansaugschächte der Triebwerke am Boden abdecken um ein Eindringen von Fremdkörpern zu vermeiden. Beim Start saugen die Triebwerke Luft über Lamellenschächte auf der Rumpfoberseite an. Am Heck befinden sich die Luftbremse und ein Bremsschirm.
Die Maschine besitzt einen 16-Bit-Bordcomputer, einen Frontscheibenprojektor (HUD) zuzüglich eines Monitors, eine bordeigene Fehlererkennung (Aekran) und zwei Sensorsysteme. Mit dem Radar können Luftziele (Reichweite 70 km) erfasst werden und mit dem FLIR/Laserentfernungsmesser (Reichweite 7 km, Laserklasse 3 in Deutschland) die Infrarotziele. Bemerkenswert ist auch eine Helmvisieranlage, die es dem Piloten erlaubt, mittels Kopfbewegung ein Ziel anzuvisieren. Die Zielsuchköpfe der Raketen erhalten dann automatisch die Zielparameter.
Geschichte der Entstehung der MiG-29:
1972 begann man in der Sowjetunion über eine neue Jägergeneration nachzudenken. Auslöser waren die westlichen Projekte der späteren McDonnell Douglas F-15 und Lockheed Martin F-16. Mit dem ins Leben gerufenen Programm PFI (Fortgeschrittenes Frontjagdflugzeug) sollte ein Jäger geschaffen werden der Bomber über weite Entfernungen eskortieren konnte und bei Bedarf in der Lage war, Streifzüge bis zu 300 km tief über gegnerischen Gebiet durchzuführen. Ferner mußte der PFI in der Lage sein jeden bekannten und zukünftigen Jäger des Westens zu schlagen. Das Programm zielte auf einen leichten und in großer Stückzahlen zu bauenden Jäger. Er sollte die Deckung der eigenen Bodentruppen und des Hinterlandes übernehmen.
Daraufhin wurden die Entwürfe der Suchoj Su-27, Mikojan-Gurewitsch MiG-29 und der Jakowlew Jak-45 und Jak-47 eingereicht. Nach dem Vergleich der Entwürfe entschied man sich bereits zwei Monate später für die Suchoj Su-27 als PFI (Fortgeschrittenes Frontjagdflugzeug) und für die Mikojan-Gurewitsch MiG-29 als PLMI (leichter Massenjäger).
Schon Im Jahr 1970 gab es Überlegungen im OKB Mikojan-Gurewitsch für einen Nachfolger der MiG-23. Dieser Neuentwurf der MiG-29 gewann auch die Ausschreibung. Der erste Prototyp hatte 1977/78 seinen Erstflug. Der Serienbau begann 1982 und die ersten Maschinen erreichten 1983 die sowjetischen Luftstreitkräfte. Die MiG-29 kann mehrere Luftziele erfassen und bekämpfen.
Die MiG-29 wurden in die ehem. Ostblockstaaten Polen, Bulgarien, Rumänien, Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien und DDR-Deutschland geliefert. Aber auch nach Kuba, Nordkorea, Syrien, Iran, Irak, Jemen, Indien und Malaysia exportiert. Bis jetzt wurden ca. 1.270 Stück aller Versionen der MiG-29 gebaut.
Strahltriebwerk Klimow RD-33 der MiG-29:
Anfang der 1970er Jahre wurde per Ausschreibung ein Antrieb für das neue Front-Jagdflugzeug MiG-29 gesucht. Neben dem OKB “Turmanski“, das sich mit dem Projekt R67-300 beteiligte, nahm auch das OKB „Klimow“ unter Leitung von S. P. Isotow an dieser Ausschreibung teil. Obwohl dieses OKB vorrangig Hubschrauber- und Hilfstriebwerke konstruierte, bekam es mit dem Projekt RD-33 den Zuschlag.
Am 20.04.1978 startete das Testflugzeug, die „903″, zum ersten Mal mit den zukünftigen Einsatztriebwerken. Am 15.06.1978, beim 9. Flug ging die „903″ wegen eines Triebwerksdefektes verloren. Die Ursache war die Zerstörung des Verdichters eines Triebwerkes.
Im Jahr 1979 wurde die Erprobung des 2. Bauloses, nun in Verantwortung des Konstruktionsbüros T.M.K.B. “Sojus“ Moskau wieder aufgenommen. Der Erstflug mit den überarbeiteten Triebwerken fand am 05.04.1979 mit der MiG-29 “908″ statt. Am 31.10.1980 stürzte auch dieses Flugzeug wegen Zerstörung des Brennkammergehäuses eines der Triebwerke ab.
1980 begann die Produktion der 1. Serie im Motorenwerk „Roter Oktober“ in Moskau. Ab dem 3. Quartal 1987 verließen die ersten Triebwerke der 2. Serie die Produktionshallen in Moskau. Mit dieser Serie kam ein elektronischer Regelblock zum Einsatz und die Turbinenschaufeln werden nach dem Einkrisall- Verfahren hergestellt.
Der politische Wandel in der Welt stellte neue Anforderungen an die Militärtechnik. So wurde auch in der deutschen Luftwaffe, in deren Bestand die MiG-29 mittlerweile aufgenommen wurden, die Schubkraft zu Gunsten der Erhöhung der Lebensdauer reduziert.
Dieses ausgestellte Triebwerk ist ein RD-33 der 2. Serie. Es wurde im 4. Quartal 1987 hergestellt. Das Ende der Nutzung war am 12.05.2004 in einer MiG-29 der Luftwaffe. Die Gesamtbetriebszeit betrug 1043 Stunden.
Technische Daten:
Baumuster: Turbofan in 2-Wellenbauart, mit Axialverdichter und regelbarem Nachbrenner
Konstrukteur: S. P. Isotow, OKB Klimow“ Leningrad, OKB Sojus“ Moskau
Hersteller: Moskauer Maschinenfabrik „W. W. Chemyshew“
Serienproduktion: ab 1980
Verdichter: 4 stufiger Fan, 2 stufiger verstellbarer Vorleitapparat, 9 stufiger Kompressor, Nebenstromverhältnis 0,5
Brennkammer: Ringbrennkammer mit 24 Einspritzdüsen
Turbine: je Welle 1 stufige Axialturbine, gekühlt, monokrisalliene Schaufeln mit Wärmeschutzbeschichtung bis 1650°K belastbar
Schubsystem: verstellbare Lavalschubdüse, Nachbrenner
Anlasser: mechanisch über APU „GTDÄ-117″
Regelsystem: hydro-mechanisch, mittels elektronischem Rechner optimiert
Länge: 4230 mm mit Schubrohr
Durchmesser: 1250 mm an der Nachbrennkammer
Gewicht: 1050 kg
Startschub: 81,37 kN/8300 kp mit maximalem Nachbrenner
Drehzahlen: Fan 10640, Kompressor 15640 U/min
Luftdurchsatz: 76,7 kg/sek.
Schleudersitz Swedzda K-36DM 2: (Russisch = Zvezda)
Der Zvezda K-36 ist eine Serie von russischen Schleudersitzen, die von der Firma NPP Zvezda hergestellt werden. Varianten dieses Schleudersitzes wurden in einer Vielzahl von Flugzeugen verwendet, darunter die MiG-29, Suchoi Su-22, Su-25, Su-27, Su-30 und die Su-57.
Der K-36-Schleudersitz bietet einem Besatzungsmitglied in einem breiten Bereich von Geschwindigkeiten und Höhen des Flugzeugflugs Notausstiege, von der Höhe Null und Geschwindigkeit Null aufwärts. Der Schleudersitz kann in Verbindung mit Schutzausrüstung verwendet werden, wie Druckanzüge und Anti-G-Kleidung. Der Sitz besteht aus dem Raketenabschussmechanismus, dem Getriebe, dem Kopfstützenrettungssystem mit einer in der Kopfstütze verstauten Kuppel und anderen Betriebssystemen, die alle darauf abzielen, eine sichere Rettung zu ermöglichen.
Technische Daten:
Einsatzbereich:
. Geschwindigkeit: O-1300 km/h
. Höhenbereich: 0-25000 m
Abmessungen / Gewicht:
. Höhe: 1 240 mm
. Breite: 570 mm
. Gewicht: 120 kg
Der Schleudersitz K-36DM 2 ist ausgestattet mit:
. Fixiereinrichtung Pilot
. automatischer Fußerfassung
. Armbegrenzer
. ausfahrbarem Deflektor
. 2 Stabilisierungsschirmen
. Sauerstoffanlage
. Fallschirm mit automatischer Auslösung in Abhängigkeit der Höhe
Weitere Kennwerte:
. Maximale Überlast beim Katapultieren: 20g
. Neigung der Führungsschiene: 98°
. Beschleunigungsstufen: 2 (arbeiten je 0,2sec.)
. Schub der Hauptstufe (zweite Stufe): 3.300 kp
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