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Die Yokosuka MXY-7 “Ohka” (= Kirschblüte) war ein für Selbstmordangriffe konzipiertes japanisches Militärflugzeug. Die Codebezeichnung der Alliierten für diese bemannt fliegende Bombe war “Baka” (japanisch für “Narr”). Die Oka war das erste und einzige Fluggerät, das ausschließlich für Selbstmordangriffe entwickelt wurde. Der Prototyp flog im September 1944, die Fertigung begann noch im selben Monat.
Es gab verschiedene Ausführungen, die sich vor allem durch unterschiedliche Antriebe unterschieden. Daneben gab es noch die Trainer-Version MXY7-K1, die im U.S. Air Force Museum in Dayton/Ohio ausgestellt ist. Sie konnten mit einer ausfahrbaren Kufe landen. Die Zellen der Oka´s waren sehr einfach aufgebaut. Verwendet wurden kriegsunwichtige Werkstoffe, wie z.B. Holz. Im langen vorderen Teil des Fluggeräts befand sich die eigentliche Bombe mit Aufschlagzünder.
Normalerweise wurde die Oka von 2-motorigen Flugzeugen, wie Mitsubishi G4M “Betty” oder Yokosuka P1Y Ginga “Frances”, in die Nähe des Ziels getragen und dort ausgeklinkt. Der Pilot versuchte im Gleitflug möglichst nahe an das Ziel heranzukommen, um dann die Raketentriebwerke zu zünden und sich auf das Ziel zu stürzen. Trotzdem waren die Angriffe wenig erfolgreich. Auf dem Marschflug waren die Mutterflugzeuge und im Gleitflug die Flugbomben verwundbar. Um unter Raketenantrieb erfolgreich zu manövrieren, mußten die Piloten viel Erfahrung haben, was für die jungen, kaum ausgebildeten Kamikaze-Flieger nicht zutraf.
Der Begriff Kamikaze selbst steht im Deutschen für Selbstmordangriffe auf militärische Ziele. Im ursprünglichen japanischen Sinn bedeutet er “fliegerische Spezial-Angriffstruppe”. Das Wort wurde jedoch falsch übersetzt, so dass der Begriff nur außerhalb Japans verwendet wird.
Als die militärische Lage für die japanischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg immer aussichtsloser wurde, stellte die japanische Marine 1944 Sonderkampfverbände ihrer Marineflieger auf, die mit ihren Flugzeugen Selbstmordangriffe auf die amerikanischen Schiffe während des Pazifikkriegs durchführen sollten, in der Hoffnung, die drohende Niederlage dadurch abwenden zu können. Es galt das Motto: „ein Schiff – ein Flugzeug“.
Das Konzept „ein Schiff = ein Flugzeug“ ließ sich in der Praxis des Kamikaze-Krieges jedoch nicht realisieren. Ein Aspekt dabei war das Reichweiteproblem. Ein trägergestütztes Flugzeug hatte nach dem damaligen Stand der Technik eine Reichweite von etwa 1000 km, somit einen Kampfradius von etwa 500 km abzüglich Verlusten durch Wind und einer Reserve, die eingeplant werden musste, da sich während eines Einsatzes der Flugzeugträger selbst bewegt und der heimkehrende Flieger oft erst nach dem Träger suchen musste. Eine Notwasserung bedeutete praktisch den Tod, zudem einen unehrenhaften nach damaliger Wertevorstellung.
Ein Angriff ohne Wiederkehr vergrößert somit den Kampfradius des eingesetzten Flugzeugs auf mehr als das Doppelte. Da 1944 die japanischen Flugzeugträger keine Luftüberlegenheit mehr hatten und sich auf stetigem Rückzug befanden, waren die japanischen Piloten vor die Wahl gestellt, ob sie mit ihrem Träger versenkt werden, oder ihre Kameraden und den Krieg durch das höchste persönliche Opfer retten wollten, nämlich durch ihr eigenes Leben.
Der erste Einsatz der sog. Sondertruppe fand am 20. Oktober 1944 bei den Philippinen statt. Dabei handelte es sich um eine einzeln fliegende Maschine, die sich auf den US Flugzeugträger USS Essex stürzte. Danach begann eine große Schlacht dieser neuartigen Art, die den US-Streitkräften große Probleme bereitete.
Einige junge Kamikaze-Flieger wurden mit entsprechendem Druck zu diesen Einsätzen gezwungen, viele meldeten sich jedoch freiwillig, um ihr Vaterland vor der vermeintlichen “Schmach” einer Niederlage zu bewahren. Dieser falsch verstandenem Patriotismus – den es auch in Deutschland jener Zeit gab – ist aus heutiger Sicht nur schwer nachvollziehbar.
Die Kandidaten für diese Selbstmordeinsätze wurden dort als Helden verehrt. Die Verabschiedung der Piloten vor dem Flug glich einem Ritual. Sie bekamen einen Orden, wurden mit Blumen behängt und tranken eine Abschiedsschnaps, – den letzten ihres jungen Lebens. Danach starteten die kaum ausgebildeten Kamikaze-Flieger. Eine Rückkehr oder Umkehr bei erkennbarer Aussichtslosigkeit war nicht geplant. Wäre ein Kamikaze-Pilot umbegehrt, zum Beispiel aus Angst vor dem unvermeidlichen Tod, hätte man dies als “Fahnenflucht” ausgelegt. Er wäre wegen “Feigheit vor dem Feind” – so die damalige Terminologie – von den eigenen Leuten hingerichtet worden.
Der Ausgang des Krieges im Pazifik endete bekanntlich erst mit dem Abwurf der ersten Atombombe Ende 1945. Am 15. August 1945 bat der Schöpfer und Kommandeur der Kamikaze-Einheiten die Familien der geopferten Piloten um Vergebung und tötete sich selbst.
Länge | 6,01 m | ||||
Flügelspannweite | 5,00 m | ||||
Antrieb | 3 x Feststoffraketen | ||||
Leistung | insgesamt 800 kp Schub | ||||
Höchstgeschwindigkeit | 912 km/h mit Antrieb | ||||
. | 650 km/h im Gleitflug |
. | 370 km/h im Gleitmarschflug | ||||
Reichweite | 88 km | ||||
Besatzung | 1 Mann | ||||
Leergewicht | 440 kg | ||||
Fluggewicht | 2.140 kg | ||||
Bewaffnung | 1.200 kg Sprengstoff |
Kamikaze auf deutscher Seite mittels sog. “Rammjäger”:
Auf deutscher Seite wurde gegen Kriegsende 1944 ein ähnliches Militärprojekt namens “Selbstopfer” angedacht. Beim verwandten “Sonderkommando Elbe” sollten die Piloten hingegen mit dem Fallschirm abspringen.
Das Sonderkommando Elbe war ein Versuch der Deutschen Luftwaffe, in der Endphase des Zweiten Weltkrieges den einfliegenden alliierten Bomberverbänden trotz zunehmender materieller Unterlegenheit Verluste zuzufügen.
Im Jahre 1944 hatte der damalige Major Hajo Herrmann vorgeschlagen, die gegnerischen Bomber durch Rammen zu vernichten. Dazu wurden freiwillige, junge und meistens unerfahrene Flieger rekrutiert. Sie sollten zu Selbstopferungseinsätzen zur „Rettung der Heimat“ veranlaßt werden.
Die deutschen Rammjäger unterschieden sich von der japanischen Kamikaze durch die theoretische Möglichkeit, nach dem Zusammenstoß mit dem Fallschirm aussteigen zu können. Das Rammen selbst war als einzige Möglichkeit vorgesehen, da die Rammflugzeuge praktisch keine Bewaffnung zum Führen von Luftkämpfen hatten. Im März 1945 wurde das Sonderkommando Elbe mit etwa 120 – 150 Piloten auf dem Flugplatz Stendal-Borstel bei Magdeburg aufgestellt. Der Krieg endete jedoch schon im Mai 1945. Wie viele Einsätze tatsächlich noch geflogen wurden, ist hier nicht bekannt.
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